Zürichsee-Zeitung. Montag 6. November 2017
Interview «Südostschweiz» Zeitung. Dienstag, 11. September 2012, 02:00 Uhr
Senioren sind wandelnde Geschichtsbücher. Sie können viel erzählen.
«Ich trieb mich oft bei Handwerkern herum»
Heute Hansjörg Domeisen (78), Rapperswil-Jona.
«Mein Vater war Gemeindeschreiber und Grundbuchverwalter in Eschenbach. Meine Mutter stammte von der Schwärzi in Bürg. Im Gemeindehaus bin ich mit einem Bruder und zwei Schwestern aufgewachsen. Gleich hinter dem Haus war der Dorfbach, in dem wir die Forellen von Hand fingen und sie ‘bachfrisch‘ der Mutter auf den Küchenbalkon werfen konnten. Auch Bachkrebse gab es viele. Zumindest bis die ersten Italiener kamen und diese Delikatesse auch entdeckten.
Die damalige Sägerei Furrer wurde noch mit Wasserkraft betrieben und es war für uns ‘Buebe‘ faszinierend dabei zuzuschauen, wie unterirdisch das Wasser gegen das Rad spritzte. Die Bierbrauerei lieferte ihr Bier noch mit Pferdefuhrwerken. Mitgeliefert wurden gleichzeitig auch Eisblöcke zum Kühlen. Beim Abspitzen konnten wir uns Eisstücke ergattern, was gerade im heissen Sommer natürlich eine Gaudi war für uns.
Ich trieb mich oft bei den Eschenbacher Handwerkern herum und schaute ihnen zu. Dem Küfer, der um ein offenes Feuer mit Fassdauben Fässer formte, Drechsler, Uhrenmacher oder auch dem Steinhauer Brändli an der Kirchgasse. In der Kirche war ich Ministrant und ‘Lüterbueb’. Zur damaligen Zeit wurde das elektrische Geläut eingeführt. Als ich einmal grad allein in der Sakristei war, musste ich natürlich diese neuen Knöpfe ausprobieren. Die Strafe blieb nicht aus.
«Vorfahren waren Goldschmiede»
Während des Krieges ging man nach der Ernte auf die Äcker um die verlorenen Ähren einzusammeln. Kein Korn wurde damals liegengelassen, und für das Sammeln von Krähen- und Elsterneiern bekam man auf der Gemeinde auch etwas Geld.
Nach der Primarschule habe ich drei Jahre die Sekundarschule in Disentis besucht. Das war nötig, weil mir der Arzt Höhenluft verschrieben hatte. Noch heute pflege ich Freundschaften, die in diesen Jahren entstanden sind. Als es um die Berufswahl ging, hat mir der Vater den entscheidenden Tipp gegeben. Er wusste um meine Vorlieben und mein Geschick für das Handwerkliche und Zeichnen. Der Beruf des Goldschmieds würde es mir ermöglichen, meine schöpferische und kreative Ader durch dieses Handwerk zum Ausdruck bringen zu können. Es erfüllte mich auch mit besonderem Stolz beim Gedanken, dass ich damit eine alte Tradition weiterführen könnte. Viele Vorfahren der Domeisens waren in den vergangenen Jahrhunderten Schmiede, oder eben Goldschmiede.
1950 bis 1955 absolvierte ich die Kunstgewerbeschule in Zürich. Im Vorkurs waren alle Disziplinen noch vereint. Dort lernte ich den hiesigen Kunstmaler Jost Blöchlinger kennen. Während diesen fünf Jahren pflegte ich immer auch Kontakte mit Studenten anderer Ausrichtungen, wie zum Beispiel der Architektur, Grafik, Fotografie und Mode.
Dieser rege Gedankenaustausch und die inspirierenden Diskussionen, bildeten nebst der beruflichen Ausbildung durch führende Persönlichkeiten für Gestaltung, Farbe und Form, die Grundlage zur persönlichen Entwicklung und das spätere Schaffen.
Nach einem Jahr arbeiten in Pariser Ateliers, wurde das Jahr 1961 für mich ein sehr bewegtes und gefreutes Jahr: Ich heiratete meine Frau Madeleine und wir wurden Eltern unseres ersten Kindes. Im selben Jahr gründeten wir auch unser erstes Geschäft an der Fischmarktstrasse. Immer wieder wurde ich von Kunden gefragt ‘Was ist jetzt Mode?‘ dabei ist diese doch so kurzlebig und ständig wechselnd. Meinen Berufsauftrag aber sah ich darin, Dauerhaftes, Persönliches, Formschönes und Echtes zu schaffen.
«Ich wollte Echtes schaffen»
1979 konnten wir die jetzige Liegenschaft erwerben, wo noch heute mein Sohn Jörg das Geschäft weiterführt. Nach meiner Pensionierung, 1999, habe ich es in seine Hände gelegt. ‘Me mues wüsse, wänns gnueg isch’.
Endlich fand ich auch Zeit für die Malerei. 16 Jahre Ortsverwaltungsrat Rapperswil, mehrere Jahre Gewerbevereinspräsident, über 20 Jahre Stiftungsrat Balm liessen mir früher ja neben der Arbeit kaum Zeit dazu. Nächstes Jahr kann ich wieder einmal vor Ort ausstellen. Das freut mich sehr. Viel Zeit verbringe ich auch mit Arbeiten in unserem Rebberg im Tessin. Und mit den 15 Grosskindern von unseren sechs Kindern ist natürlich sowieso immer was los. Da sind wir als Grosseltern sehr gefragt.»
Aufgezeichnet von Gaby Kistler.
Quelle: Südostschweiz
Senioren sind wandelnde Geschichtsbücher. Sie können viel erzählen.
«Ich trieb mich oft bei Handwerkern herum»
Heute Hansjörg Domeisen (78), Rapperswil-Jona.
«Mein Vater war Gemeindeschreiber und Grundbuchverwalter in Eschenbach. Meine Mutter stammte von der Schwärzi in Bürg. Im Gemeindehaus bin ich mit einem Bruder und zwei Schwestern aufgewachsen. Gleich hinter dem Haus war der Dorfbach, in dem wir die Forellen von Hand fingen und sie ‘bachfrisch‘ der Mutter auf den Küchenbalkon werfen konnten. Auch Bachkrebse gab es viele. Zumindest bis die ersten Italiener kamen und diese Delikatesse auch entdeckten.
Die damalige Sägerei Furrer wurde noch mit Wasserkraft betrieben und es war für uns ‘Buebe‘ faszinierend dabei zuzuschauen, wie unterirdisch das Wasser gegen das Rad spritzte. Die Bierbrauerei lieferte ihr Bier noch mit Pferdefuhrwerken. Mitgeliefert wurden gleichzeitig auch Eisblöcke zum Kühlen. Beim Abspitzen konnten wir uns Eisstücke ergattern, was gerade im heissen Sommer natürlich eine Gaudi war für uns.
Ich trieb mich oft bei den Eschenbacher Handwerkern herum und schaute ihnen zu. Dem Küfer, der um ein offenes Feuer mit Fassdauben Fässer formte, Drechsler, Uhrenmacher oder auch dem Steinhauer Brändli an der Kirchgasse. In der Kirche war ich Ministrant und ‘Lüterbueb’. Zur damaligen Zeit wurde das elektrische Geläut eingeführt. Als ich einmal grad allein in der Sakristei war, musste ich natürlich diese neuen Knöpfe ausprobieren. Die Strafe blieb nicht aus.
«Vorfahren waren Goldschmiede»
Während des Krieges ging man nach der Ernte auf die Äcker um die verlorenen Ähren einzusammeln. Kein Korn wurde damals liegengelassen, und für das Sammeln von Krähen- und Elsterneiern bekam man auf der Gemeinde auch etwas Geld.
Nach der Primarschule habe ich drei Jahre die Sekundarschule in Disentis besucht. Das war nötig, weil mir der Arzt Höhenluft verschrieben hatte. Noch heute pflege ich Freundschaften, die in diesen Jahren entstanden sind. Als es um die Berufswahl ging, hat mir der Vater den entscheidenden Tipp gegeben. Er wusste um meine Vorlieben und mein Geschick für das Handwerkliche und Zeichnen. Der Beruf des Goldschmieds würde es mir ermöglichen, meine schöpferische und kreative Ader durch dieses Handwerk zum Ausdruck bringen zu können. Es erfüllte mich auch mit besonderem Stolz beim Gedanken, dass ich damit eine alte Tradition weiterführen könnte. Viele Vorfahren der Domeisens waren in den vergangenen Jahrhunderten Schmiede, oder eben Goldschmiede.
1950 bis 1955 absolvierte ich die Kunstgewerbeschule in Zürich. Im Vorkurs waren alle Disziplinen noch vereint. Dort lernte ich den hiesigen Kunstmaler Jost Blöchlinger kennen. Während diesen fünf Jahren pflegte ich immer auch Kontakte mit Studenten anderer Ausrichtungen, wie zum Beispiel der Architektur, Grafik, Fotografie und Mode.
Dieser rege Gedankenaustausch und die inspirierenden Diskussionen, bildeten nebst der beruflichen Ausbildung durch führende Persönlichkeiten für Gestaltung, Farbe und Form, die Grundlage zur persönlichen Entwicklung und das spätere Schaffen.
Nach einem Jahr arbeiten in Pariser Ateliers, wurde das Jahr 1961 für mich ein sehr bewegtes und gefreutes Jahr: Ich heiratete meine Frau Madeleine und wir wurden Eltern unseres ersten Kindes. Im selben Jahr gründeten wir auch unser erstes Geschäft an der Fischmarktstrasse. Immer wieder wurde ich von Kunden gefragt ‘Was ist jetzt Mode?‘ dabei ist diese doch so kurzlebig und ständig wechselnd. Meinen Berufsauftrag aber sah ich darin, Dauerhaftes, Persönliches, Formschönes und Echtes zu schaffen.
«Ich wollte Echtes schaffen»
1979 konnten wir die jetzige Liegenschaft erwerben, wo noch heute mein Sohn Jörg das Geschäft weiterführt. Nach meiner Pensionierung, 1999, habe ich es in seine Hände gelegt. ‘Me mues wüsse, wänns gnueg isch’.
Endlich fand ich auch Zeit für die Malerei. 16 Jahre Ortsverwaltungsrat Rapperswil, mehrere Jahre Gewerbevereinspräsident, über 20 Jahre Stiftungsrat Balm liessen mir früher ja neben der Arbeit kaum Zeit dazu. Nächstes Jahr kann ich wieder einmal vor Ort ausstellen. Das freut mich sehr. Viel Zeit verbringe ich auch mit Arbeiten in unserem Rebberg im Tessin. Und mit den 15 Grosskindern von unseren sechs Kindern ist natürlich sowieso immer was los. Da sind wir als Grosseltern sehr gefragt.»
Aufgezeichnet von Gaby Kistler.
Quelle: Südostschweiz
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